Studie "Jahrbuch der Hilfswerke 2017"

Auf einen Blick

  • Analyse der Jahresrechnungen 2016 von spendensammelnden Schweizer Nonprofit-Organisationen.
  • Studie untersucht die rund 500 ZEWO-zertifizierten Organisationen im Hinblick auf ihre Finanzberichterstattung, Reservenhaltung und Anlagepolitik.
  • NEU: Erhoben werden auch Angaben zu den Finanzierungsquellen sowie zum Fundraising- und Administrationsaufwand. Als Spezialthema umfasst das Jahrbuch Praxistipps zum Investment Controlling, zum Finanzierungsmix und zu Bankmandaten.

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Inhalt der Studie

Auch die vorliegende 3. Auflage des Jahrbuchs der Hilfswerke enthält zahlreiche wichtige Finanzkennzahlen von gemeinnützigen, spendensammelnden Nonprofit-Organisationen (NPOs). Es basiert auf den öffentlich verfügbaren Jahresrechnungen der 506 ZEWO-zertifizierten Organisationen (Stand 31.12.2016). Gegenüber der Ausgabe von 2016 haben wir es jedoch um einige relevante Fragen ergänzt.

 

Download der Studie

 

 

Finanzberichterstattung

Folgende Feststellungen resultieren aus der Analyse der Finanzberichterstattung: 

  • Offenlegung der Jahresrechnung:  Bei 70% aller Organisationen ist die aktuellste und vollständige Jahresrechnung (d. h. inkl. Anhang) auf ihrer Website einsehbar. Zusätzliche 16% zeigen nur Bilanz und Erfolgsrechnung. 14% aller Organisationen legen ihre Jahresrechnung oder Teile davon nicht offen.
  • Detaillierungsgrad: 331 der 437 untersuchten Organisationen (76%) publizieren einen Anhang. Von diesen haben 202 Organisationen (61%) die Stundenanzahl an Freiwilligenarbeit angegeben. Pro Jahr und Organisation fallen knapp 3‘000 Stunden Freiwilligenarbeit an (Median). Über alle 202 Organisationen hinweg betrachtet entspricht dies rund 4’700 Vollzeitstellen. Die untersuchten Hilfswerke halten ihren Betrieb somit nicht nur durch finanzielle Einnahmen, sondern auch in bedeutendem Masse durch Freiwilligenarbeit aufrecht.
  • Wertschriften: 305 der 437 untersuchten Organisationen (70%) halten Wertschriften. Von diesen weist nur rund ein Viertel (24% bzw. 73 Organisationen) die Wertschriftenstruktur im Anhang aus und lediglich 3% (10 Organisationen) machen Angaben zur Nachhaltigkeit der Anlagetätigkeit. Im Bereich der Vermögensanlagen sind weiterhin nur beschränkte Informationen verfügbar.
  • Immobilien: 113 aller untersuchten Organisationen (26%) halten Immobilien.  35 dieser Organisationen (31%) weisen aus, ob ihre Immobilien betrieblich genutzt (19% bzw. 22 Organisationen) oder als Anlageobjekt gehalten werden (6% bzw. 7 Organisationen) oder beides (5% bzw. 6 Organisationen)

Fazit: Hilfswerke sind im Vergleich mit anderen NPO transparent. Verbesserungspotenzial besteht unter anderem bei der Offenlegung der Vermögensstruktur (z. B. Anteil Aktien und Obligationen), des Anlagestils (z. B. Nachhaltigkeitsfragen) und der Anlagerenditen. 

 

Finanzmanagement 

Die Analysen zum Finanzmanagement lasen sich wie folgt zusammenfassen: 

  • Struktur der Aktiven: Die untersuchten NPO halten im Durchschnitt 56% der Bilanzsumme in Form von liquiden Mitteln (Bargeld, Kontoguthaben, Geldmarktanlagen), 18% als Wertschriften (Aktien, Obligationen, weitere Finanzanlagen) und 9% in Immobilien. Rund 16% der Bilanzsumme besteht aus sonstigem operativen Umlauf- oder Anlagevermögen. Liquide Mittel stellen für NPO eine wichtige Anlagekategorie dar. Das aktuelle Umfeld (negative Zinsen bei hohen Anlagevolumen) stellt somit für NPO eine Herausforderung dar.
  • Struktur der Passiven: Die Organisationen weisen durchschnittlich ein Organisationskapital von 62% und ein Fondskapital von 17% der Bilanzsumme aus. Das Fremdkapital macht 21% der Passivseite aus. NPO weisen somit eine solide Bilanz auf.
  • Reserven: Eine typische Organisation kann mit ihrem Organisationskapital (Reservequote 1) den Gesamtaufwand 8 Monate (Median) bzw. 15 Monate lang (Mittelwert) decken. Rund 59% der untersuchten Organisationen liegen somit mit ihren Reserven innerhalb der von der Zewo vorgegebenen Bandbreite (Reservequote 1).
  • Finanzierung: Die Organisationen sind durchschnittlich zu rund einem Drittel mit Spenden und Legaten finanziert. Der Finanzierungsmix ist jedoch stark vom Aktivitätsfeld abhängig.
  • Administrations- und Fundraisingaufwand: Bei 95% der Organisationen, die den Aufwand gemäss Zewo-Vorgaben ausweisen, liegt dieser innerhalb des Richtwerts von max. 35% Administrations- und Fundraisingaufwand. Der Fundraisingaufwand macht bei allen NPO weniger als 25% des Gesamtaufwandes aus. Der Grossteil der Einnahmen kommt somit den Projekten zugute. 

Fazit: Die typische NPO steht finanziell auf sicheren Beinen. Einzelne sind jedoch sehr stark oder eher schwach kapitalisiert oder weisen einen hohen Administrations- und Fundraisingaufwand auf. Es lohnt sich für NPO, ihre Finanzen mit anderen zu vergleichen, Gründe für Unterschiede zu eruieren und die wichtigsten Kenngrössen bewusst zu steuern und zu kommunizieren.  

 

Vermögensanlagen 

Zu den Vermögensanlagen der untersuchten Hilfswerke lässt sich folgendes Festhalten:

  • Struktur des Finanzvermögens: Das durchschnittliche Finanzvermögen derjenigen Organisationen, welche die Wertschriften separat ausweisen und/oder Immobilien halten (324 Organisationen), gliedert sich in 58% liquide Mittel, 28% Wertschriften und 14% Immobilien. Im Vergleich zu anderen institutionellen Investoren wie bspw. Pensionskassen legen NPO ihr Vermögen etwas vorsichtiger an.
  • Struktur der Wertschriften: Bei den Organisationen, die ihre Wertschriften detailliert offenlegen, sind diese zu 21% in Obligationen und zu 32% in Aktien investiert. Knapp die Hälfte (47%) der Wertschriftenallokation besteht aus weiteren Finanzanlagen wie (gemischten) Anlagefonds oder strukturierten Produkten.
  • Immobilien: Immobilien werden vor allem von Organisationen gehalten, die Heime betreiben (78% aller Heimbetriebe). Dieses Tätigkeitsfeld liegt damit über den übrigen Tätigkeitsbereichen, in denen 15 bis 32% Immobilien halten.
  • Anlagerendite: Über die vergangenen 15 Jahre konnte eine typische Organisation eine geschätzte kumulierte Rendite (vor Kosten) von +40.8% erwirtschaften (+2.31% pro Jahr). Pensionskassen konnten im selben Zeitraum zwar eine fast doppelt so hohe Rendite erzielen (+4.26% pro Jahr), gingen dabei aber ein deutlich grösseres Risiko ein 

Fazit: Die untersuchten Organisationen halten einen hohen Anteil an liquiden Mitteln. Diese defensive Anlagestrategie macht es umso wichtiger, dass die Vermögensanlagen professionell und kostengünstig erfolgt. Eine Erhöhung des Anlagerisikos bietet sich nur bei vorhandener Risikofähigkeit an. Vorzugsweise widersprechen die Anlagen nicht dem Organisationszweck (nachhaltige Vermögensanlagen).